Michael Braun bespricht (die leider bereits vergriffene) Mütze #4

Wie immer hilfreiche Hinweise auf interessante Zeitschriften in Michael Brauns „Zeitschriftenlese“, vollständig zu lesen hier. Der Abschnitt über die Mütze #4:

„Wer sich heute nach Literaturzeitschriften umsieht, die eine strenge Poetik des sprach­reflexiven Schreibens favorisieren, der muss zuallererst zur „Mütze“ greifen, zu der auf anre­gende Weise unbe­rechen­baren Essay- und Poesie-Zeit­schrift des Schweizer Lyrik-Editors Urs Engeler. Die Nummer 4 der „Mütze“ ist ein Wunder­werk an erzähle­ri­scher und lyrischer Sprach­empfind­sam­keit, die sich in diesem Fall mit Extremformen visueller Poesie verbindet. Der fran­zösi­sche Dichter Jean-René Lasalle präsentiert hier einige faszi­nierende „Quadrat­gedichte“, die historisch bis in die frühe römische Antike zurück­reichen und bis zu Gegen­warts­poeten wie Oswald Egger führen. Besonders ein­drucks­voll ist hier die Gegen­über­stellung eines Figuren­gedich­ts von Hrabanus Maurus, eines Mönchs aus dem frühen Mittel­alter, mit einer quadratisch-labyrinthisch kons­truierten Sure aus dem Koran. Hrabanus Maurus hatte als Leiter des Benediktiner­klos­ters Fulda um 810 nach Christus den Figu­ren­gedicht­zyklus „Vom Lob des christ­lichen Kreuzes“ geschaffen, der in seiner typografischen Gestalt dem visua­lisierten Gottes­lob der Koran-Sure sehr ähnelt.
  Ein weiteres Faszinosum in dieser „Mütze“-Nummer ist der Aufsatz des Lyrikers Michael Donhauser, der sehr akri­bisch den Text­bewe­gungen in Adalbert Stif­ters un­voll­endeter Erzäh­lung „Die Mappe meines Ur­groß­vaters“ nach­spürt. Donhauser ent­ziffert den vorge­legten Text­aus­schnitt als Prosa­gedicht, das von der Unbe­grenztheit und Un­be­grenz­bar­keit eines Gartens handelt, den das erzäh­lende Subjekt durch­quert.“

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